8. Kapitel: M. NOSTRADAMUS, G. GALILEI, C. G. JUNG UND DIE STERNE

 

Drei Persönlichkeiten, welche für drei wesentliche Stationen in den letzten 500 Jahren der astrologischen Geschichte stehen, sind Micheal Nostradamus, Galileo Galilei und Carl Gustav Jung. Bevor wir ihre Rolle und die der Renaissance allgemein weltlich und kirchlich aus astrologischer Perspektive untersuchen, nochmals zusammenfassend zur Geschichte vor ihrer Zeit;

Die Astrologie gilt seit alters her als Königswissenschaft und ihr Gebiet ist sehr weitläufig, auch wenn wir die Astrologie heute hauptsächlich im Dienst der Charakteranalyse kennen. Die Ursprünge der westlichen Astrologie reichen zurück bis vor 5000 Jahren in Mesopotamien, wo die Sumerer die Planeten beobachteten. Durch die Kalenderwirtschaft bei den Ägyptern kamen die Tierkreiszeichen unterteilt in jahreszeitlichen Zonen hinzu. Die Griechen verfeinerten in ihrer mythologischen Sprache die psychologische Interpretation der archetypischen Ausdrucksarten. C. Ptolemäus reformierte vor 2000 Jahren die 3000 Jahre alten astrologischen Überlieferungen, welche als Niederschrift in der Tetrabiblos bis heute an Aktualität nichts verloren hat.

Bis zu Galileos Zeiten waren Astrologie und Astronomie keine getrennten Wissenschaften. Mathematiker, Mediziner, Philosophen und Wissenschaftler waren auch immer Astronomen und Astrologen.

Michael Nostradamus und die Renaissance

Michael Nostradamus

http://www.google.de/imgres?imgurl

Schon vom großen Vater der Heilkunde und Schaffer der Elementlehre, Hippokrates aus Kos (460-359 v. Chr.) stammt der Satz: „Ein Mann, der unbekannt mit der Astrologie ist, verdient eher den Namen eines Toren als den eines Arztes“. Daher ist es nicht verwunderlich, dass auch zu M. Nostradamus Zeiten an den medizinischen Universitäten Astrologie als Studienteil dazu gehörte. Nostradamus, latinisiert für Michel de Nostredame (1503 bis 1566) war Apotheker und hat als Arzt und Astrologe gearbeitet. Nostradamus hat oft als psychologisch-astrologischer Berater gearbeitet, behauptete aber nie, selbst Astrologe zu sein, er bezeichnete sich als „astrophile“ (Sternenfreund). Das lag daran, dass er wegen der Pest um 1520 die Universität in Avignon verlassen musste, zu früh, um dort Astrologie als Teil des „Quadriviums“ (zweiter Teil des Medizinstudiums) studiert zu haben. Musste Nostradamus selbst Horoskope erstellen, so unterliefen ihm meist zahlreiche schwerwiegende Fehler. Dies wurden ihm von seinem Kollegen Laurens Videl, der in Avignon Astrologie unterrichtete, in einem offenen Brief vorgehalten. Er hatte nur grobe Astro-Kenntnisse, daher können seine Prophezeiungen keine Interpretationen künftiger möglicher Zeitqualitäten darstellen, sondern entspringen bestenfalls (phantasievollen) Visionen. Leider wird gerade Nostradamus oft als Repräsentant der Astrologie herangezogen. Und auch die kirchliche Distanzierung von solcher Art Astrologie ist nachzuvollziehen und gerechtfertigt. Aus einer anderen Sichtweise soll hier aber nicht angemaßt werden, seine Schriften zu werten. Zum besseren Verständnis seiner sehr verschlüsselten Texte sei auch noch daran erinnert, das Nostradamus dies als Schutzmaßnahme anwandte,  da er in der Zeit der Inquisition lebte und große Angst vor Übergriffe hatte. Entschlüsselungsmuster wurden bis heute nicht wirklich gefunden. Als Arzt in der Pestzeit hat sich Nostradamus einen guten Namen gemacht. Man weiß von ihm, dass er die Hygiene eingeführt bzw. die Pest durch Hygiene bekämpft hat. Ein herber Schicksalsschlag war es dann für ihn, als ihm dennoch die Frau, und auch von zwei seiner Kinder ist die Rede, an der Pest erkrankt und gestorben ist.

Generell wurde in der Zeit der Renaissance von 1450 bis 1650 religiöse und philosophische Themen stark diskutiert. Vor allem unter dem Gesichtspunkt der Logik und der Ratio. Zum einen entdeckte man in der Astrologie alte Werke aus dem Hellenismus neu, manche wurden sogar erstmals übersetzt. Andererseits betrachtete man das astrologische und religiöse Weltbild unter Aspekten, welche aus den neuen Erkenntnissen der Renaissance erst entstanden. Es wurde über die Determiniertheit und „physikalischen“ Gesichtspunkte nach dem Ursache-Wirkungs-Prinzip und den „freien Willen“ nachgedacht. Diese auch der Philosophie zugehörigen neuen Gedankengänge spiegelten sich natürlich auch in der Auffassung über die Astrologie wieder. So veränderten sich auch die Ansichten über „Gut“ und „Böse“ dahingehend, dass man die astrologischen Symbole und Prinzipien nicht mehr nur dem einen oder anderen zuordnete, sondern den jeweils anderen Pol in allen Prinzipien erkannte. Ein Beispiel aus dieser Zeit, der bei den Planetenprinzipien auf die „beiden Seiten einer Medaille“ hinwies, ist Marsilio Ficino (1433 – 1499).  So hielt er fest, dass der „böse“ Saturn auch für das gute Gedächtnis, Konzentrationsgabe und nachdenkliche Leben steht.

Während der Renaissance wurde der Gedanke des „freien Willens“ genährt und gestärkt. Dieser Zeitgeist spiegelt sich am Höhepunkt einerseits symbolisch in der Entdeckung von Uranus durch Wilhelm Herschel am 13. März 1781. Und ganz konkret fand er seinen Ausdruck insbesondere im Freiheitsgedanken der Französischen Revolution 1789 bis 1799. Planet Uranus (Herrscher vom Wassermann) steht wie kein anderer für Freiheit, Brüderlichkeit, Gleichheit, Ethik, Unabhängigkeit, Chaos, Erneuerung und Reformierung.

Diese Zeit war geprägt von einer neu aufkommenden Wissenschaftlichkeit der Intellektuellen und Forscher und gleichzeitig vom Machtverlust der katholischen Kirche. Im Hinblick dieser neuen Bedeutsamkeit des freien Willens stellte sich natürlich den wissenschaftlichen Astrologen die berechtige Frage, ob denn durch die Planeten unser Schicksal determiniert sei. Intellektuelle Astrologen beschäftigten sich intensiv mit dieser Frage und kamen zu der Erkenntnis, dass das Horoskop Aussagen über die Anlagen und Neigungen eines Menschen machen kann, dass aber jeder Mensch sein Schicksal selbst in die Hand und selbst durch seine Handlungen bestimmt, was er aus seinem Potential macht, wie er es nutzt.

(An dieser Stelle sei Pluto, der Schicksals- und kraftwerkplanet, Herrscher des Skorpionzeichens erwähnt, welcher nichts mit der vorrangegangen Auseinandersetzung zum Thema „Schicksal“ im geläufigen Sinne zu tun hat. Pluto wird deshalb oft als „Schicksalsplanet“ bezeichnet, weil er als tiefenpsychologisches Prinzip in unserem Horoskop im jeweiligen Bereich für den Einzelnen als Transformation unterbewusster Persönlichkeitsanteile und Wandlung von Emotionen wirkt und insofern „innere Lebensschule“ bedeutet. Weichen wir von dieser Arbeit in uns zu viel ab oder missbrauchen wir sie, dann wird uns manchmal „etwas geschickt = Schicksale“, damit wir unser wieder besinnen und Korrekturprozesse vornehmen.)

In diesem neuen Verständnis der Astrologie in der Renaissance ragt das Zitat vom italienischen Philosophen und Humanisten Pietro Pomponazzi (1462 – 1525) heraus: „Die Astrologe, und zwar verstanden als Abbildung eherner Naturgesetze, sei in der Lage, die Menschen vom Aberglauben und naiven Wunderverehrungen zu befreien.“

Schon zuvor versuchte der universal gebildete Bischof, Naturwissenschaftler und Theologe Albertus Magnus (ca.1200 – 1280) eine Antwort auf die Vereinbarkeit der Astrologie und dem christlichen Glauben aufzuzeigen: „1. Die Gestirne legen den menschlichen Willen nicht fest, sie zeigen lediglich gewissen Eignungen (apitudines) für eine Tugend oder ein Laser an. 2. Wenn trotzdem auch zukünftige Handlungen, die sicher eintreffen, aber aus freier menschlicher Entscheidung hervorgehen, im Buche des Universums aufgezeichnet sind, ist das nichts anderes als ein Ausdruck des göttlichen Vorherwissens und darum ebenso wie dieses mit der Freiheit des Menschen vereinbar. 3. Da Gott zweifellos nicht will, dass der Mensch alles voraussehen kann, soll der Astrologe keine Aussagen machen, wenn die Zeichen nicht eindeutig sind.“ Sofern nach Magnus der Frage nachgegangen werden soll, was unter mehreren Möglichkeiten besser ist, gehört für ihn gerade zum rechten Gebrauch der Freiheit, die Astrologie einzubeziehen. Denn wir sind freier in der Entscheidung mit Erkennbaren umzugehen, als Instinkthaften ausgeliefert zu sein.

Weitere bekannte Persönlichkeiten der Renaissance, die das weltliche und kirchliche Sagen hatten und viel von Astrologie hielten, waren Kaiser Maximilian (geb. 1459) und Papst Leo X (geb. 1475), welcher auch eine Hochschule für Astrologie gründete.

Für die Ärzte und Medizin schien die Astrologie an Bedeutung zu gewinnen, wie man in der damaligen Fachliteratur, beispielsweise vom deutschen Universalgelehrten, Theologen, Jurist, Arzt und Philosoph Agrippa von Nettesheim (1486 – 1535) und Paracelsus (Theophrastus Bombastus von Hohenheim, 1493 – 15419), lesen kann.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Astrologie in der Renaissance durch eine große geistige Weiterentwicklung zu einer neuen Blüte gekommen ist, aber gleichzeitig war es auch der Beginn der Ablehnung durch die Wissenschaft, welche sich später stark auswirkte.

Galileo Galilei und die Renaissance und Humanismus (ca. 1400 -1600)

Galileo Galilei

http://www.google.de/imgres?imgurl

Zu Zeiten von Galilei herrschte in der Katholischen Kirche die Vorstellung vom ptolemäischen, geozentrischen Weltbild. G. Galilei (1564-1642) und andere Wissenschaftler seiner Zeit wie J. Kepler erkannten durch empirische Untersuchungen und Himmelsbeobachtungen, dass die Erde rund war und definierten das heliozentrische, kopernikanische Weltsystem. Galilei war der Überzeugung, dass das „Buch der Natur“ in mathematischer Sprache geschrieben sei: „Ohne Geometrie zu beherrschen, verstehe man kein einziges Wort.“ Seither gilt Galilei als Begründer der modernen, mathematisch orientierten Naturwissenschaften, gleichzeitig erhielt dies eine klare Absage an die Astrologie. Zu Zeiten von Papst Urban VIII., welcher die Überzeugung vertrat, dass die vielfältigen Naturerscheinungen, die der Allmächtige bewirkte, sich dem beschränkten Verstand der Menschen für immer entzögen, waren eine eindeutige empirische Grundhaltung, wie sie Galilei vertrat, sicher zur Weiterentwicklung nötig. Das Schaffen der Naturforscher dieser Zeit lag überwiegend am Ende der Renaissance und leitete in die Neuzeit über, von der man sagen kann, dass sich die Philosophie wie auch die Naturwissenschaft endgültig von der Theologie emanzipiert hat. Allerdings ist es bedauerlich, das jahrtausendalte Kenntnisse von empirischen und geistig-psychologischen Zusammenhängen, die eigentlich nicht trennbar sind, von da an sich nicht nur getrennt entwickelt, sondern sich auch gegenseitig entfremdet haben.

Carl Gustav Jung und die frühe Neuzeit

C. G. Jung

http://www.anthroposophie.net/bilder/jung.jpg

Im 19. Jh. nun kommt es wieder zu einer Annährung von Astrologie und Astronomie, den Natur- und Geisteswissenschaften. Die Astrologie ist eine „Ganzheits-Wissenschaft“, die seit jeher alle drei Aspekt: Seele, Geist, Körper, beinhaltet. C. G. Jung (1875-1961) hat durch seine Archetypenleere einen Schlüssel in die Hand gegeben, durch den sich der „modernen“ Zeit die psychologische Astrologie neu erschloss. Die Summe der Archetypen (Möglichkeiten des Menschseins) bedeuten für Jung die Summe aller latenten Möglichkeiten der menschlichen Psyche: ein ungeheures, unerschöpfliches Material an uraltem Wissen um die tiefsten Zusammenhänge zwischen Gott, Menschen und Kosmos. Die symbolische Bedeutung des persönlichen Grundhoroskopes, welches für den genauen Moment und Ort der Geburt erstellt wurde, liegt tatsächlich darin, dass es, insofern es um seinen psychologischen Wert geht, einen Archetypus vom Unbewussten des Betreffenden darstellt, der ins Licht des Bewusstseins gerückt wird. Die Astrologie befasst sich dabei nur mit den Entwicklungsmöglichkeiten, niemals mit den eindeutigen und schicksalsträchtigen Ereignissen. Jung verwendet ständig den Begriff ‚Archetypus’ und so, wie er diesen definiert, ist er von großer Bedeutung für den Astrologen, der die richtige psychologische Deutung in dem Geburtshoroskop – einem Archetyp ganz besonderer Art – auswerten möchte.

Mittlerweile lässt sich beobachten, dass Wissenschaftler, wie z. B. in der Quantenphysik, immer mehr auch zu Philosophen werden, und Philosophen Bezug zur Naturwissenschaft nehmen. So heißt es in einem Zitat aus einem P.M.-Artikel von H.P. Dürr, wo vom Anfang, dem Quanten-Geist (Uranos = Quantenprinzip), die Rede ist, und wo der Physiker Hans-Peter Dürr den Schlüssel zur Zukunft in einem neuen Wirklichkeitsbegriff auf Basis der Quantentheorie sieht: „Was wir für Materie halten, ist Bewusstsein. Welches Denken brauchen wir, um die Menschheitsprobleme zu lösen? Unser Weltbild ist immer noch mechanistisch geprägt – und damit zu eng. Materie und Energie sind gewissermaßen geronnener, erstarrter Geist. Der Begriff Gegenstand führt in die Irre – es gibt nur Prozesse und Informationen. In der Physik sagen wir: Die Wirklichkeit ist nicht die Realität.“

Schon C. G. Jung erkannte, dass die Trennung von Seele und Körper eine künstliche Operation, eine Diskrimination ist, die sicher weniger im Wesen der Dinge als vielmehr in der Eigentümlichkeit des erkennenden Verstandes begründet ist. Es ist für den Abendländer charakteristisch, dass er zu Erkenntniszwecken Physisches und Geistiges auseinandergerissen hat. In der Seele liegen aber diese Gegensätze beisammen. Das muss die Psychologie und Naturwissenschaft anerkennen: ‚Psychisch’ ist physisch und geistig. Und das liegt nicht nur im Wesen des Menschen, sondern im Wesen aller Körper wie sie auch die Gestirne sind, welche ebenfalls ihre energetische Realität haben und für Zeitqualitäten stehen. Man kann Körper und Seele, Astronomie und Astrologie getrennt betrachten, immer besteht aber eine Wechselwirkung zwischen beiden. Und erst aus dieser ganzheitlichen Perspektive, gewähren sie umfassende Einsichten und kommen der eigentlichen Wirklichkeit des Seins näher. Denn Menschsein heißt, bewusst ganz und vollkommen zu sein; es verlangt von uns, ein Mikrokosmos zu sein, ein Brennpunkt für die Bedeutung und Kraft, welche innerhalb dem riesigen Organismus des Makrokosmos, dem universellen Ganzen, liegt.