3. Kapitel: DIE VIER EVANGELISTEN

Symbolische Darstellung der vier Evangelisten

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Es gibt keine Einigkeit unter den Historikern, wann die einzelnen Evangelien genau verfasst wurden. Sie sind sich aber in der Wahrscheinlichkeit einig, dass es noch zuverlässige Augenzeugen der Wirksamkeit Jesu gegeben hatte, als die Evangelien niedergeschrieben wurden. Man findet verschiedene Ansätze, die Evangelien zeitlich einzuordnen, der eine etwas früher, der andere etwas später, aber nirgends ist der Zeitraum zwischen Jesu Wirksamkeit und dem ersten fertigen Evangelium größer als 40 Jahre. Zum Verständnis als Beispiel heute wird niemand bestreiten, dass es im Jahre 2000 noch Zeitzeugen gibt, die vom Zweiten Weltkrieg berichten können, der immerhin ca. 60 Jahre zurückliegt. Im Vergleich dazu ist das erste fertige, schriftliche Evangelium, das im Jahre 70 oder gar schon 58 von Jesus erzählt, 20 bis 30 Jahre näher dran. Denn Jesus wirkte etwas von 27-30 n. Chr. Der Verweis auf Augenzeugen im Johannesevangelium und Lukasevangelium, als die beiden älteren nach Jesu-Zeit betrachtet unter den vier Evangelien, ist also plausibel.

Matthäus Evangelium wird unter renommierten Historikern heute zwischen 70 bis 90 v. Chr. datiert, das Markus Evangelium einheitlicher von den meisten um 70 n. Chr., das Lukas Evangelium von 79 bis 90 n. Chr. und das Johannes Evangelium von 80 bis 100 nach Christus.

Insgesamt soll es über vierzig Evangelien geben, neben den vier genannten Evangelien kursierten in manchen christlichen Gemeinden ab dem 2. Jahrhundert auch Evangelien, die nicht in den Kanon aufgenommen und als „apokryphe“ Evangelien bezeichnet wurden. Von ihnen sind u. a. überliefert das Thomasevangelium, das Petrusevangelium, das Judasevangelium, das Evangelium der Wahrheit und das Philippus-Evangelium. Von solchen Evangelien sind zum Teil nur Fragmenten oder Zitate bei den Kirchenvätern erhalten.

Doch als die vier Säulen, welche die Grundstruktur des Neuen Testaments bilden, wurden vier Evangelien auserkoren, - die vier Fixzeichen Stier, Löwe, Skorpion und Wassermann im Tierkreis/Zodiak - welche als „Kontenpunkte“ in dieser Position der großen Orientierung mit den vier Elementen (Erde, Feuer, Wasser, Luft) sozusagen in alle vier Himmelsrichtungen auf Erden dienen.

Die Autoren der Evangelien, der Evangelisten, wurden seither je einem Fixzeichen zugeordnet: Lukas dem Stier, Markus dem Löwen, Johannes dem Adler (Skorpion) und Matthäus dem Wassermann in der Darstellung des Menschen. Psychologisch symbolisiert der Adler in der Mythologie den „erlösten“ Skorpion. Aus der Sicht des kleinen (zwölf Tierkreiszeichen - tropisch) und großen Tierkreises (zwölf Tierkreisbilder – siderisch) steht ober dem Feld des Skorpions im kleinen Tierkreis das Sternbild des Adlers im großen Tierkreis, welches als analoges Bild aus älteren Zeiten für den Skorpion herangezogen wurde. Insgesamt bilden beide Tierkreise das Vierundzwanziger-Prinzip, welches in den vierundzwanzig Waisen bzw. Ältesten in der Bibel zum Ausdruck kommt.

Es gilt festzuhalten, dass es zuerst die vier Tierkreiszeichen im Alten Testament als reduzierte Darstellung für den großen Tierkreis gab. Die Evangelisten wurden diesen später hinzugefügt. Deshalb sieht man in den ältesten Kirchen nur die vier Fixzeichen, später Abbildungen mit den vier Tierkreiszeichen und zugeordneten Evangelisten und in den jüngsten christlichen Zeiten wurde dies wiederum abstrahiert und vorwiegend nur noch die Evangelisten abgebildet.

Wie wir schon bei den Aposteln im Bild Da Vincis gesehen haben, hat er die zwölf Apostel in vier Dreiergruppen dargestellt. Sie stehen ebenso für Frühling, Herbst, Sommer und Winter wie für die vier Quadranten im Horoskop ‚Körper‘, ‚Wesen‘, ‚Umwelt/Beziehung‘ und ‚Aufgabe/Bestimmung‘. Die vier Fixzeichen sind die jeweiligen Repräsentanten ihres Quadranten: Der erste Quadrant mit dem Fixzeichen Stier (Evangelist Lukas) steht im Tierkreis für den stofflichen Urgrund, der mit seiner Kapazität an Möglichkeiten die Veränderung des 3. Quadranten und dem repräsentativen Fixzeichen Skorpion/Adler (Evangelist Johannes), den bewirkenden Urgrund, herausfordert. Das Hervorbringen und Gestaltwerden einer Form des 2. Quadranten (formgebende Urgrund), Fixzeichen Löwe (Evangelist Markus), schafft dann einen Bedeutungsraum der mit dem 4. Quadranten (bestimmender Urgrund), dem Fixzeichen Mensch/Wassermann (Evangelist Matthäus) in Verbindung steht.

Diese vierfache Bedingtheit liegt jedem Organismus und jeder Entwicklung zugrunde. Unterschiedlich ist die Art, in der sich im Einzelnen die Struktur der Organisation vollzieht.

Innerhalb der Quadranten wird jedes der drei Zeichen, neben seinem Element, Herrscher, ‚männlich oder weiblich‘ auch noch den Qualitäten ‚Kardinal‘, ‚Fix‘ und ‚Beweglich‘ zugeordnet:

Kardinal: in Gang setzen, eine Richtung vorgeben (Widder, Krebs, Waage, Steinbock).

Fix: konkret werden, Substanz bekommen, sich manifestieren (Stier, Löwe, Skorpion, Wassermann).

Beweglich: sich zeigen, sichtbar werden, verteilen und verwerten (Zwillinge, Jungfrau, Schütze, Fische).

Jeder Quadrant fächert sein Grundthema über dieses Schema auf:

Das erste oder kardinale Haus eines Quadranten zeigt uns das Potential und die Idee des Quadranten. Hier können wir ablesen, was überhaupt im Sinne des Quadranten-Grundthemas möglich ist.

-Aus diesem Grunde nennen wir die ersten Häuser eines Quadranten die „Häuser der Möglichkeiten“.

Das mittlere oder fixe Haus eines Quadranten verwirklicht die Ideen des ersten Hauses, indem es Substanz dazu gibt, dem Thema seine Gestalt verleiht. Wenn wir in dieses Haus sehen, betrachten wird das, was von den Möglichkeiten konkret werden kann.

-Wir nennen die mittleren Häuser eines Quadranten „Häuser der Verwirklichung“.

Das letzte oder bewegliche Haus eines Quadranten bringt die Umwelt ins Spiel. Was auch immer im fixen Haus Gestalt angenommen hat: nun zeigt es sich, wird gesehen und stellt sich dar. Was passiert, wenn die konkretisierten Inhalte eines Quadranten nach außen sichtbar und verfügbar werden, können wir in diesem Haus finden.

-Deshalb nennen wir die letzten Häuser eines Quadranten „Häuser der Wirkung“.

Die vier Fix-Tierkreiszeichen stehen also aus psychologischer Sicht für den reduzierten Tierkreis bzw. für die Themen der vier Quadranten, welche den Lebenszyklus aufzeigen: Nämlich die Entwicklung vom 1. „Es“- Quadranten (dem 1. Materie-/Körperquadranten) in den 2. „Ich“-Quadranten (Wesen, Gefühle, Selbstverwirklichung) zum 3. „Du“-Quadranten (Umwelt, Umfeld, Beziehung, geistige Entwicklung) hin in den 4. „Wir“-Quadranten (Bestimmungsquadrant, übergeordnete Aufgabe, Kollektiv, als Individuum am Großen und Ganzen teilnehmen). Die ersten drei Fix-Tierkreiszeichen sind als Tiere dargestellt, das letzte als Mensch (Evangelist Matthäus). Im letzten Quadranten geht es also um die Abschließung der „Vollendung des Menschseins“. Das Wassermannprinzip (wir leben im Wassermannzeitalter) und somit das 4. Fix-Zeichen „Mensch“, wird dem 4. Quadranten zugeordnet und steht für die Aufgabe unserer Zeit, nämlich durch die erreichte Bewusstheit des Menschen (die vorigen drei Quadranten) ein „Wir“ zu entwickeln, an dem der einzelne als „mündiger Mensch“ in Verantwortung mit seinen Fähigkeiten teilnimmt.

Wenn nun die Evangelien den Fix-Zeichen zugeordnet werden, wird klar welche Aufgabe sie im Universum der Bibel spielen. Sie bilden die vier Säulen des Neuen Testaments, und es geht um die Verwirklichung von Ideen. Das Thema (Jesu-Leben) erhält Substanz und Gestalt in ihrer Niederschrift. Das christliche Evangelium ist wesentlich Frohe Botschaft von der Liebe Gottes. Es geht darum „das von Jesu Botschaft gegebene göttliche Mögliche“ konkret für alle werden zu lassen. Für den Menschen greif- und begreifbar zu machen, durch das Leben des Gottessohns der Mensch wurde. Es geht also „um die Verwirklichung des Wortes Gottes“ über die konkrete Abfassung der Evangelien. Der Glaube an die bergende Macht dieser Liebe Gottes bedeutet die Überwindung der Furcht vor den Mächten, die sich als Götter gebärden, in Wirklichkeit aber keine sind (Gal, 4,8). Angst ist darum immer ein Zeichen mangelnden Glaubens. Das gleiche gilt für jede Astrologie, die aus Angst betrieben wird. Wer als Christ ängstlich auf die Zukunft schaut und sich der Astrologie bedient, um sich über die Zukunft Sicherheit zu verschaffen, ist in der Gefahr, nicht mehr auf den Geist des Sohnes Gottes in seinem Herzen zu hören, der im lehrt, vertrauensvoll „Abba, Vater“ zu rufen (Gal 4,6) – ganz gleich, was auf ihn zukommen  mag.

Die vier Evangelien stehen für die vier Himmelsrichtungen als Mission für die Welt. Wobei die Weltenausrichtung zu damaliger Zeit als solche Symbolkraft vorerst noch ein Ideal war, 2000 Jahre später allerdings ein vielfach erreichtes Ziel darstellt. Doch schon die ersten Evangelisten waren sehr ambitioniert in der Größe und Art ihres zielgerichteten Publikums:

Evangelist Lukas

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Das Evangelium nach Lukas (Stier/Erde) ist traditionell von Lukas, ebenfalls kein Apostel, verfasst worden sein. Er war Arzt und einer der Begleiter des Paulus, sein Bericht unterscheidet sich von den anderen durch eine gehobene Sprache. Sein Wirkungsbereich war wahrscheinlich Jerusalem, Kleinasien und Rom. Seine Adressaten waren vor allem gebildete Heidenchristen.

 

Evangelist Markus

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Das Evangelium nach Markus (Löwe/Feuer) ist traditionell von Johannes Markus, der kein Apostel war, verfasst worden. Er soll sein Material für seinen Bericht von Apostel Petrus erhalten haben. Sein Wirkungsbereich war wahrscheinlich Kleinasien, Griechenland, Rom und Ägypten. Adressaten waren vor allem die Heidenchristen.

 

Evangelist Johannes

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Das Evangelium nach Johannes (Skorpion/Wasser) wurde traditionell vom Apostel Johannes verfasst. Sein Wirkungsbereich war wahrscheinlich Jerusalem und Kleinasien. Die Adressaten allgemein die Christen, deren Glaube vertieft werden soll.

 

Evangelist Matthäus

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Das Evangelium nach Matthäus (Wassermann/Luft) soll vom Apostel Matthäus, der vorher Zöllner war, verfasst worden sein (ist nicht gesichert). Sein Wirkungsbereich war wahrscheinlich Persien, das Kaspische Meer, Griechenland und evtl. Äthiopien. Seine Adressaten waren vor allem Judenchristen mit guter Kenntnis der jüdischen Bibel.

 

Das Wesen und geistige Wirklichkeit der vier Elemente

Welche Bedeutung den vier Fixzeichen bzw. vier Evangelisten in der Vertretung der vier Elemente zukommt, wird deutlich wenn diese ihrem Wesen nach als Schnittpunkt zwischen dem All-Einem-Urstoff und seinen vielfältigen Erscheinungsformen gesehen werden; So heißt es bei Gerhard Voss im Buch „Astrologie Christlich“ (38-40): „In einem geheimnisvollen Sinne wird die Welt mit Recht als eine Darstellung des Menschen betrachtet; denn wie sie aus vier Elementen gebildet ist, so besteht er aus vier Säfte, in eins vermischt in einem bestimmten Verhältnis (Temperament). Gemeinhin betrachten wie die Elemente Feuer, Luft, Wasser und Erde als „elementare“ Bausteine aus denen die gesamte Welt gebildet ist. Aus einer tieferen Sichtweise begrenzt sich der Begriff „Element“ auch nicht in der späteren Bedeutung wie er in der heutigen Chemie gebraucht wird, sondern ist gleichsam ein Urbild, letztlich also eine geistige Wirklichkeit. Diesen Urbildern entsprechen im Menschen nach mittelalterlicher Lehre auch die körperlichen Aufbaustoffe (Säfte): dem Feuer (ignis) entspricht die Galle (chole), der Luft (aer) das Blut (sanguis), dem Wasser (aqua) der Schleim (phlegma), der Erde (terra) die „Schwarze Galle“ (cholera nigra oder melancholia). Aufgrund unterschiedlicher Mischungsverhältnisse ergeben sich die verschiedenen „Temperamente“, in denen jeweils einer der Grundstoffe besonders dominiert.

Das Verhältnis der Elemente zueinander bestimmt sich im mittelalterlichen Weltbild zudem durch die vier Qualitäten „warm“ (calidus) und „kalt“ (frigidus), „trocken“ (siccus) und „feucht“ (humidus). Aus jedem der beiden Eigenschaftspaare ist eines in jedem Element verwirklicht. Dadurch bilden diese miteinander in der Natur eine Gemeinschaft, die zum Teil durch innere Verwandtschaft, zum Teil durch polare Gegensätzlichkeit bestimmt ist. Zitat Ambrobius: „Die Erde ist trocken und kalt, das Wasser ist kalt und feucht, die Luft ist warm und feucht, das Feuer ist warm und trocken.“ Von hier aus ergibt sich auch eine Beziehung der Elemente zu den Jahreszeiten und den entsprechenden Himmelsrichtungen und Winden: Der feuchten und warmen „Luft“ werden der Frühling und der Osten zugeordnet, dem warmen und trockenen „Feuer“ der Sommer und der Süden, der trockenen, aber kalten „Erde“ der Herbst und der Westen, dem kalten und feuchten „Wasser“ der Winter und der Norden. „So kommen sie“ – heißt es in dem Ambrosius-Zitat über die Elemente weiter – „durch diesen Umlauf gleich einem Reigen miteinander in Übereinstimmung. Daher werden sie griechisch „stoicheia“, lateinisch „elementa“ genannt, weil sie miteinander im Einklang sind.“

H. Schipperges schreibt: „So wurden die Elemente von der frühen Scholastik aufgefasst: als Modifikation des einen Weltstoffes mit allen Möglichkeiten des Überganges, der Mischung, des Stoff-Wechsels. Dieser Stoffwechsel garantiert den Kreislauf und die Konstanz der Materie, den ständigen Austausch der Energien, die Ineinanderverwandlung und reale Koexistenz aller Dinge, damit aber auch jene rhythmische Polarität, welche die Voraussetzung und Schwungkraft des Lebens ausmacht, sowie die großen sympathetischen Entsprechungen, die dem Mikrokosmos die Teilnahme und Mitteilung des Ganzen für das Ganze ermöglichen.