10. Kapitel: PARALLELE MÄRCHEN UND DAS ARCHETYPISCHE

ZWÖLFER- bzw. SIEBENER-PRINZIP

 

Nicht nur beispielsweise die griechische Mythologie oder die Bibelschreiber und Jesus selbst wählten die Form der Gleichnisse einerseits und die archetypische Symbolsprache andererseits, um ethische Grundwerte und Botschaften zu vermitteln. Auch die Märchenerzähler integrierten die archetypischen Gesetzmäßigkeiten bzw. bauten oft auf deren Basis die Märchen auf, um tieferen Themen des Menschseins verständlich zu machen und ihre dauerhafte Gültigkeit zu verstärken. Früher wurden diese Hintergründe in einer solchen Absicht noch verstanden. In der modernen Zeit hat sich der Mensch in der Beziehung zu den Symbolen entfremdet, wie zur Natur und ihrer Sprache im Allgemeinen.

Hier einige Auszüge von Beispielmärchen aus der Sammlung  von Jacob und Wilhelm Grimm (auch „Gebrüder Grimm") und Hans Christian Andersen, in welchen die Archetypensprache als Grundlage angewandt wurde. Dabei kommt entweder das Zwölfer-Prinzip der Sternzeichen (= die zwölf Grunderfahrungen des Menschseins/wie bei den Aposteln) mit dem dreizehnten Element (in der Bibel ist das Jesus) als Erlöser-Prinzip zum Einsatz, oder/und das Siebener-Prinzip (= die sieben persönlichen Planeten, als Herrscher der Sternzeichen stehen sie ebenfalls für die möglichen Grundqualitäten bzw. Stufen des Menschseins - analog in der Bibel mit den sieben Erzengeln, den sieben Leuchtern, den sieben Siegeln, den sieben Gemeinden Asiens, welche als Umschreibung für die sieben Chakren dienten). Die zwölf Sternzeichen kann man als die (Lebens-)Themenbereiche (Stimmungen der zwölf Monate im Jahr), und die sieben Planeten als die Eigenschaften dieser (die sieben Wochentage sind nach den persönlichen Planeten benannt) ansehen.

Immer geht es dabei darum, das wir Menschen mit dem was wir mitbekommen haben (die zwölf guten Wünsche der Feen beim Dornröschen, die sieben auf einem Streich beim tapferen Schneiderlein, die sieben Zwerge als Helfer, die zwölf Brüder als Königssöhne …) unsere Lebensaufgabe bewältigen können. Das dreizehnte Prinzip ist dabei in aller Regel jenes, welches „Bewegung“ in die Geschichte bringt, welches die Rolle der Absicht, der Ziel-Erkenntnis und am Ende der Erlösung einnimmt (Gottes-/Jesu-Prinzip). Meist tritt das dreizehnte Element von vornherein als „das Gute“ in Erscheinung (der Gottvater/Jesus, auf dem wir vertrauen können, unsere Wegweiser). Aber wie im Fall der Dornröschen-Geschichte kann es auch als „strenges, strafendes“ Element auftreten (wie Gott zum Teil im Alten Testament), natürlich ebenfalls mit dem höheren Ziel durch die Annahme der Herausforderung zur Erlösung zu gelangen. Beispiele für das dreizehnte Prinzip in den Märchen finden wir in der dreizehnten Fee bei Dornröschen, der Geburt der Schwester als dreizehntes Kind der zwölf Brüder am Königshof, oder wie bei „die wilden Schwäne“, wo es elf Brüder und eine zwölfte Schwester sind. Weil hier das zwölfte Fische-Erlösungsprinzip nicht gesondert, sondern bereits stellvertretend für das Jesus-Prinzip steht. Jesus war ja der „neptunische (Fische) Meister, er hat das Fische-Zeitalter eingeleitet und über Jahrhunderte war der Fisch vor dem Kreuz das Christensymbol. Der Fisch steht in seiner erlösten Form für die All-Liebe, das All-Eins-Sein. Nachdem aber das Fische-Prinzip auch eine unerlöste, irdische Seite hat, wird das göttliche Prinzip meist als autonome dreizehnte Präsenz dargestellt. Im Horoskop finden wir diese Präsenz als Seele, der göttliche Impuls in der Mitte der Grafik des Radix wider, das was wir eigentlich wirklich sind, alle Anlagen (Planeten …) im Horoskop außen herum sind Ausdruck von uns und „Werkzeug“ für unseren schöpferischen Seelenprozess.

Märchen wollen uns dabei helfen, diese tieferen Sinnhaftigkeiten zu erkennen. Wer die volle Länge der Märchen für ihr besseres Verständnis lesen möchte, möge dies in den entsprechenden Büchern oder im Internet tun, sie sind auch für Erwachsene immer wieder eine bleibende Inspirationsquelle.

 

Dornröschen (Gebrüder Grimm) – Auszug:

(die zwölf Wünsche der Feen als Entsprechung der zwölf archetypischen (Sternzeichen-)Qualitäten für das Leben)

(…) Er ladete nicht bloß seine Verwandte, Freunde und Bekannte, sondern auch die weisen Frauen dazu ein, damit sie dem Kind hold und gewogen wären. Es waren ihrer dreizehn in seinem Reiche; weil er aber nur zwölf goldene Teller hatte, von welchen sie essen sollten, so musste eine von ihnen daheim bleiben. Das Fest ward mit aller Pracht gefeiert, und als es zu Ende war, beschenkten die weisen Frauen das Kind mit ihren Wundergaben: die eine mit Tugend, die andere mit Schönheit, die dritte mit Reichtum, und so mit allem, was auf der Welt zu wünschen ist. Als elfe ihre Sprüche eben getan hatten, trat plötzlich die dreizehnte herein. Sie wollte sich dafür rächen, dass sie nicht eingeladen war, und ohne jemand zu grüßen oder nur anzusehen, rief sie mit lauter Stimme: "Die Königstochter soll sich in ihrem fünfzehnten Jahr an einer Spindel stechen und tot hinfallen." Und ohne ein Wort weiter zu sprechen, kehrte sie sich um und verließ den Saal. Alle waren erschrocken, da trat dei zwölfte hervor, die ihren Wunsch noch übrig hatte, und weil sie den bösen Spruch nicht aufheben, sondern ihn nur mildern konnte, so sagte sie: "Es soll kein Tod sein, sondern ein hundertjähriger tiefer Schlaf, in welchen die Königstochter fällt." (…)

 

Die wilden Schwäne (H. Christian Andersen) – Auszug:

(elf Söhne/Schwäne und eine Tochter – die elf Prinzipien bis vom Widder bis zum Wassermann (Söhne), das zwölfte (Erlösungs-)Fische-Prinzip symbolisiert die Tochter)

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Weit von hier, dort, wo die Schwalben hinfliegen, wenn wir Winter haben, wohnte ein König der elf Söhne und eine Tochter Elisa hatte. Die elf Brüder waren Prinzen und gingen mit dem Stern auf der Brust und dem Säbel an der Seite in die Schule. Sie schrieben mit Diamantgriffeln auf Goldtafeln und lernten ebenso gut auswendig, wie sie lasen; man konnte gleich hören, dass sie Prinzen waren. Die Schwester Elisa saß auf einem kleinen Schemel von Spiegelglas und hatte ein Bilderbuch, welches für das halbe Königreich erkauft war. Oh, die Kinder hatten es so gut; aber so sollte es nicht immer bleiben!
Ihr Vater, welcher König über das ganze Land war, verheiratete sich mit einer bösen Königin, die den armen Kindern gar nicht gut war. Schon am ersten Tag konnten sie es merken. Auf dem ganzen Schloss war große Pracht, und da spielten die Kinder "Es kommt Besuch", aber statt dass sie, wie sonst, allen Kuchen und alle gebratenen Äpfel erhielten, die nur zu haben waren, gab sie ihnen bloß Sand in einer Teetasse und sagte, sie möchten tun, als ob etwas darin sei.
Die Woche darauf brachte sie die kleine Schwester Elisa auf das Land zu einem Bauernpaar, und lange währte es nicht, da redete sie dem König so viel von den armen Prinzen vor, dass er sich gar nicht mehr um sie kümmerte.
"Fliegt hinaus in die Welt und ernährt euch selbst!" sagte die böse Königin. "Fliegt wie die großen Vögel ohne Stimme!" Aber sie konnte es doch nicht so schlimm machen, wie sie gern wollte; sie wurden elf herrliche wilde Schwäne. Mit einem sonderbaren Schrei flogen sie aus den Schlossfenstern hinaus über den Park und den Wald dahin. (…)

 

Die zwölf Brüder (Gebrüder Grimm) – Auszug:

(klassisch sind es hier die zwölf Brüder (Archetypen) und die Schwester tritt als dreizehntes Erlösungs-Prinzip in Erscheinung, zusätzlich kommen „die stummen sieben Jahre“ als Siebener-Prinzip der noch zu erwerbenden Tugenden zu Tragen)

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Es war einmal ein König und eine Königin, die lebten in Frieden miteinander und hatten zwölf Kinder, das waren aber lauter Buben. Nun sprach der König zu seiner Frau:  „Wenn das dreizehnte Kind, was du zur Welt bringst, ein Mädchen ist, so sollen die zwölf Buben sterben, damit sein Reichtum groß wird und das Königreich ihm allein zufällt.“ Er ließ auch zwölf Särge machen, die waren schon mit Hobelspänen gefüllt, und in jedem lag das Totenkisschen, und ließ sie in eine verschlossene Stube bringen, dann gab er der Königin den Schlüssel und gebot ihr, niemand etwas davon zu sagen.

(…)

Auf eine Zeit hatten die beiden daheim eine schöne Kost zurechtgemacht, und wie sie nun alle beisammen waren, setzten sie sich, aßen und tranken und waren voller Freude. Es war aber ein kleines Gärtchen an dem verwünschten Häuschen, darin standen zwölf Lilienblumen, die man auch Studenten heißt: nun wollte sie ihren Brüdern ein Vergnügen machen, brach die zwölf Blumen ab und dachte jedem aufs Essen eine zu schenken. Wie sie aber die Blumen abgebrochen hatte, in demselben Augenblick waren die zwölf Brüder in zwölf Raben verwandelt und flogen über den Wald hin fort, und das Haus mit dem Garten war auch verschwunden. Da war nun das arme Mädchen allein in dem wilden Wald, und wie es sich umsah, so stand eine alte Frau neben ihm, die sprach: Mein Kind, was hast du angefangen? Warum hast du die zwölf weißen Blumen nicht stehen lassen? Das waren deine Brüder, die sind nun auf immer in Raben verwandelt.“ Das Mädchen sprach weinend: „Ist denn kein Mittel, sie zu erlösen?“ „Nein“, sagte die Alte „es ist keins auf der ganzen Welt als eins, das ist aber so schwer, dass du sie damit nicht befreien wirst, denn du musst sieben Jahre stumm sein, darfst nicht sprechen und nicht lachen, und sprichst du ein einziges Wort, und es fehlt nur eine Stunde an den sieben Jahren, so ist alles umsonst, und deine Brüder werden von dem einen Wort getötet.“

(…)

Nun ward im Hof ein großes Feuer angezündet, darin sollte sie verbrannt werden: und der König stand oben am Fenster und sah mit weinenden Augen zu, weil er sie noch immer so lieb hatte. Und als sie schon an den Pfahl festgebunden war, und das Feuer an ihren Kleidern mit roten Zungen leckte, da war eben der letzte Augenblick von den sieben Jahren verflossen. Da ließ sich in der Luft ein Geschwirr hören, und zwölf Raben kamen hergezogen und senkten sich nieder: und wie sie die Erde berührten, waren es ihre zwölf Brüder, die sie erlöst hatte. Sie rissen das Feuer auseinander, löschten die Flammen, machten ihre liebe Schwester frei, und küssten und herzten sie. Nun aber, da sie ihren Mund auftun und reden durfte, erzählte sie dem Könige, warum sie stumm gewesen wäre und niemals gelacht hätte. Der König freute sich, als er hörte, dass sie unschuldig war, und sie lebten nun alle zusammen in Einigkeit bis an ihren Tod. Die böse Stiefmutter ward vor Gericht gestellt und in ein Fass gesteckt, das mit siedendem Öl und giftigen Schlangen angefüllt war, und starb eines bösen Todes.

 

Die zwölf Jäger (Gebrüder Grimm) – Auszug:

(die Braut besinnt sich ihrer Tugenden und „verwandelt“ sich zu den „zwölf Jägern“, das dreizehnte Element kommt hier herausfordernd als die „neue, unbeabsichtigte Braut“ zum Ausdruck – im Erkennen des Königs der ethischen Authentizität im Spiegel der Jägerinnen erlangt er und seine Braut Erlösung)

Es war einmal ein Königssohn, der hatte eine Braut und hatte sie sehr lieb. Als er nun bei ihr saß und ganz vergnügt war, da kam die Nachricht, dass sein Vater todkrank läge und ihn noch vor seinem Ende zu sehen verlangte. Da sprach er zu seiner Liebsten: „Ich muss nun fort und muss dich verlassen, da geb ich dir einen Ring zu meinem Andenken. Wann ich König bin, komm ich wieder und hol dich heim.“ Da ritt er fort, und als er bei seinem Vater anlangte, war dieser sterbenskrank und dem Tode nah. Er sprach zu ihm: „Liebster Sohn, ich habe dich vor meinem Ende noch einmal sehen wollen, versprich mir, nach meinem Willen dich zu verheiraten“, und nannte ihm eine gewisse Königstochter, die sollte seine Gemahlin werden. Der Sohn war so betrübt, dass er sich gar nicht bedachte, sondern sprach: „Ja, lieber Vater, was Euer Wille ist, soll geschehen.“
(…)
Als nun der Sohn zum König ausgerufen und die Trauerzeit verflossen war, musste er das Versprechen halten, das er seinem Vater gegeben hatte, und ließ um die Königstochter werben, und sie ward ihm auch zugesagt. Das hörte seine erste Braut und grämte sich über die Untreue so sehr, dass sie fast verging. Da sprach ihr Vater zu ihr: „Liebstes Kind, warum bist du so traurig? Was du dir wünschest, das sollst du haben.“ Sie bedachte sich einen Augenblick, dann sprach sie: „Lieber Vater, ich wünsche mir elf Mädchen, von Angesicht, Gestalt und Wuchs mir völlig gleich.“ Sprach der König: „Wenn‘s möglich ist, soll dein Wunsch erfüllt werden,' und ließ in seinem ganzen Reich so lange suchen, bis elf Jungfrauen gefunden waren, seiner Tochter von Angesicht, Gestalt und
Wuchs völlig gleich.

Als sie zu der Königstochter kamen, ließ diese zwölf Jägerkleider machen, eins wie das andere, und die elf Jungfrauen mussten die Jägerkleider anziehen, und sie selber zog das zwölfte an. Darauf nahm sie Abschied von ihrem Vater und ritt mit ihnen fort und ritt an den Hof ihres ehemaligen Bräutigams, den sie so sehr liebte. Da fragte sie an, ob er Jäger brauchte, und ob er sie nicht alle
zusammen in seinen Dienst nehmen wollte.

(…)

Es war aber ein Diener des Königs, der war den Jägern gut, und wie er hörte, dass sie sollten auf die Probe gestellt werden, ging er hin und erzählte ihnen alles wieder und sprach: „Der Löwe will dem König weismachen, ihr wärt Mädchen.“ Da dankte ihm die Königstochter und sprach hernach zu ihren
Jungfrauen: „Tut euch Gewalt an und tretet fest auf die Erbsen.“

(…)
Die zwölf Jäger folgten dem König beständig zur Jagd, und er hatte sie je länger je lieber. Nun geschah es, dass, als sie einmal auf der Jagd waren, Nachricht kam, die Braut des Königs wäre im Anzug. Wie die rechte Braut das hörte, tat‘s ihr so weh, dass es ihr fast das Herz abstieß, und sie ohnmächtig auf die Erde fiel. Der König meinte, seinem lieben Jäger sei etwas begegnet, lief hinzu und wollte ihm helfen, und zog ihm den Handschuh aus. Da erblickte er den Ring, den er seiner ersten Braut gegeben, und als er ihr in das Gesicht sah, erkannte er sie. Da ward sein Herz so gerührt, dass er sie küsste, und als sie die Augen aufschlug, sprach er: „Du bist mein und ich bin dein, und kein Mensch auf der Welt kann das ändern.“ Zu der andern Braut aber schickte er einen Boten und ließ sie bitten, in ihr Reich zurückzukehren, denn er habe schon eine Gemahlin, und wer einen alten SchIüssel wiedergefunden habe, brauche den neuen nicht. Darauf ward die Hochzeit gefeiert, und der Löwe kam wieder in Gnade, weil er doch die Wahrheit gesagt hatte.

Andere Märchen mit dem Zwölfer-Prinzip:

Die zwölf faulen Knechte (Gebrüder Grimm),

Zwölf mit der Post (H. Ch. Andersen),

Die zwölf Räuber (aus Europa/Island),

Die zwölf tanzenden Prinzessinnen (aus Europa),

Die zwölf Töchter (aus Europa),

und viele mehr;

 

Schneewittchen und die sieben Zwerge (Gebrüder Grimm)– Auszug:

(die sieben persönlichen Planeten – die sieben Grundbedürfnisse)

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(…) Nun war das arme Kind in dem großen Wald mutterseelig allein, und ward ihm so angst, dass es alle Blätter an den Bäumen ansah und nicht wusste, wie es sich helfen sollte. Da fing es an zu laufen und lief über die spitzen Steine und durch die Dornen, und die wilden Tiere sprangen an ihm vorbei, aber sie taten ihm nichts. Es lief, solange nur die Füße noch fort konnten, bis es bald Abend werden wollte, da sah es ein kleines Häuschen und ging hinein, sich zu ruhen. In dem Häuschen war alles klein, aber so zierlich und reinlich, dass es nicht zu sagen ist. Da stand ein weißgedecktes Tischlein mit sieben kleinen Tellern, jedes Tellerlein mit seinem Löffelein, ferner sieben Messerlein und Gäblein, und sieben Becherlein. An der Wand waren sieben Bettlein nebeneinander aufgestellt und schneeweiße Laken darüber gedeckt. Schneewittchen, weil es so hungrig und durstig war, aß von jedem Tellerlein ein wenig Gemüs und Brot, und trank aus jedem Becherlein einen Tropfen Wein; denn es wollte nicht einem allein alles wegnehmen. Hernach, weil es so müde war, legte es sich in ein Bettchen, aber keins passte; das eine war zu lang, das andere zu kurz, bis endlich das siebente recht war: und darin blieb es liegen, befahl sich Gott und schlief ein.
Als es ganz dunkel geworden war, kamen die Herren von dem Häuslein, das waren die sieben Zwerge, die in den Bergen nach Erz hackten und gruben. Sie zündeten ihre sieben Lichtlein an, und wie es nun hell im Häuslein ward, sahen sie, dass jemand darin gewesen war, denn es stand nicht alles so in der Ordnung, wie sie es verlassen hatten. (…)

 

Das tapfere Schneiderlein (Gebrüder Grimm) – Auszug:

(die sieben persönlichen Planeten als sieben Grundwerte als Voraussetzung für die späteren Heldentaten)

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(…) Er legte das Brot neben sich, nähte weiter und machte vor Freude immer größere Stiche. Indes stieg der Geruch von dem süßen Mus hinauf an die Wand, wo die Fliegen in großer Menge saßen, so dass sie herangelockt wurden und sich scharenweis darauf niederließen. "Ei, wer hat euch eingeladen?" sprach das Schneiderlein und jagte die ungebetenen Gäste fort. Die Fliegen aber, die kein Deutsch verstanden, ließen sich nicht abweisen, sondern kamen in immer größerer Gesellschaft wieder. Da lief dem Schneiderlein endlich, wie man sagt, die Laus über die Leber, es langte aus seiner Hölle nach einem Tuchlappen, und "Wart, ich will es euch geben!" schlug es unbarmherzig drauf. Als es abzog und zählte, so lagen nicht weniger als sieben vor ihm tot und streckten die Beine.
"Bist du so ein Kerl?" sprach er und musste selbst seine Tapferkeit bewundern. "Das soll die ganze Stadt erfahren." Und in der Hast schnitt sich das Schneiderlein einen Gürtel, nähte ihn und stickte mit großen Buchstaben darauf „Siebene auf einen Streich!" (…)

Andere Märchen mit dem Siebener-Prinzip:

Der Wolf und die sieben Geißlein – Gebrüder Grimm,

Die sieben Raben –Gebrüder Grimm,

Die sieben Schwäne – Ludwig Bechstein,

Die sieben Schaben – Gebrüder Grimm,

und viele mehr;

 

Erich Kästner –  Gedicht: Der dreizehnte Monat

Schließen möchte ich diese Betrachtung nicht mit einem Märchen, sondern mit dem dreizehnten Gedicht aus dem Band von Erich Kästner Die dreizehn Monate, erschienen im dtv-Verlag. Da ja gerade die Monate der Jahreszeiten physisch ebenso analog stehen für den Neuanfang in der Natur (Widder) über Wachstum, Reife und Ruhephase (Fische), wie psychisch der Mensch alle Stadien von Geburt (Widder) über Pubertät zum Erwachsensein, Alter und Tod/Erlösung (Fische) auf seiner individuellen Erfahrungsebene durchläuft (archetypische Grunderfahrungen des Menschseins).

 Als studierter Philosoph spielte er vielleicht nicht von ungefähr mit dieser Zahl und diesem Gedanken „des dreizehnten Prinzips“, wie wir es in der Form vom Jesu-Erlösungs-Prinzip aus dem Christentum kennen (die zwölf Apostel = die zwölf archetypischen Erfahrungen des Menschsein = die Menschfamilie – in dessen Mitte Jesus als dreizehnter, stellvertretend für das göttliche Prinzip, das geistige Sonnenprinzip als Ursprung, Schöpfer und Ziel.)

Jedenfalls erlangen symbolisch Adam und Eva in diesem Gedicht den paradiesischen Zustand im Sinne einer solchen Erlösung zurück:

Wie säh er aus, wenn er sich wünschen ließe?

Schaltmonat wär? Vielleicht Elfember hieße?

Wem zwölf genügen, dem ist nicht zu helfen.

Wie säh er aus, der dreizehnte von zwölfen?

 

Der Frühling müßte blühn in holden Dolden.

Jasmin und Rosen hätten Sommerfest.

Und Äpfel hingen, mürb und rot und golden,

im Herbstgeäst.

 

Die Tannen träten unter weißbeschneiten

Kroatenmützen aus dem Birkenhain

und kauften auf dem Markt der Jahreszeiten

Maiglöckchen ein.

 

Adam und Eva lägen in der Wiese.

Und liebten sich in ihrem Veilchenbett,

als ob sie niemand aus dem Paradiese

vertrieben hätt.

 

Das Korn wär gelb. Und blau wären die Trauben.

Wir träumten, und die Erde wär der Traum.

Dreizehnter Monat, laß uns an dich glauben!

Die Zeit hat Raum!

 

Verzeih, dass wir so kühn sind, dich zu schildern.

Der Schleier weht. Dein Antlitz bleibt verhüllt.

Man macht, wir wissen’s, aus zwölf alten Bildern

kein neues Bild.

 

Drum schaff dich selbst! Aus unerhörten Tönen!

Aus Farben, die kein Regenbogen zeigt!

Plündre den Schatz des ungeschehen Schönen!

Du schweigst? Er schweigt.

 

Es tickt die Zeit. Das Jahr dreht sich im Kreise.

Und werden kann nur, was schon immer war.

Geduld, mein Herz. Im Kreise geht die Reise.

Und dem Dezember folgt der Januar.


SCHLUSSWORT

Exoterik bezeichnet die nach außen gewandten oder von außen zugänglichen Aspekte einer Philosophie oder Religion, im Gegensatz zu nur einem inneren Kreis zugänglichen esoterischen Aspekten. In der Astrologie finden beide einen natürlichen Zugang zueinander.

Es lässt sich feststellen, dass bei der seit der Neuzeit vorherrschenden naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise (Exoterik) einerseits und der noch im Mittelalter üblichen anthropozentrischen Sichtweise andererseits (Esoterik) es sich um unterschiedliche Perspektiven handelt, die sich gegenseitig ergänzen. So liegt es heute durchaus auch in der Konsequenz naturwissenschaftlicher Forschung, den ganzen Kosmos als eine Einheitswirklichkeit zu verstehen, und gerade Naturwissenschaftler von Rang sind davon überzeugt, dass alle Kontinuität des Raumes wie der Zeit „weder materiell noch energetisch, sondern, in der Grundbedeutung Wortes, zutiefst semantisch ist.“ Gleichwohl tiefenpsychologische Erkenntnisse aktuellster Forschungen wieder neu darauf aufmerksam gemacht haben: Es sind reale Wirklichkeiten, die im mittelalterlichen Welt-Bild festgehalten sind. Ihre Betrachtung im Rahmen einer umfassenden Sorge für den Menschen ist heute nicht weniger als früher heilsam. Zu diesen Wirklichkeiten gehört die psychosomatische Einheitswirklichkeit des Menschen, der Zusammenhang zwischen Krankheit und dem, was die kirchliche Tradition „Sünde“ nennt, die psychosomatische und zugleich geistliche Totalität dessen also, was „Heil“ meint: Heilung und Heiligung als zusammenhängende Dimension eines umfassenden Integrationsprozesses. Sowie das Angewiesenseins des Menschen auf kosmische Bilder, um dieser eigenen Komplexität ansichtig zu werden. Wo eine Kraft unproportioniert übermächtig wird, ist die Harmonie des ganzen (Mikro-) Kosmos in Gefahr. Indem in dieser Sicht die planetarischen Kräfte mit dem christlichen Verständnis von Sünde in Beziehung gesetzt sind, wird deutlich gemacht, dass der Mensch in der ihm geschenkten Freiheit dafür verantwortlich ist, die Harmonie des Kosmos zu verwirklichen, soweit es ihm gegeben ist (wobei „Sünde“ dahingehend zu differenzieren ist, dass sie im christlich ethischen Glauben anders verstanden werden kann, als kirchliche Moral, oft ohne ethische Berücksichtigung, vorgibt (Zölibat, Homosexualität, ..).

So führt auch der Weg zu Gott den Menschen über sich selbst hinaus, aber gleichzeitig fort von bloßer Oberflächlichkeit in die Tiefe, in die Mitte des eigenen Seins. Das gilt umso mehr, seit der Gottessohn, der von den Toten auferstanden und in den Himmel aufgefahren ist und das ganze All erfüllt und beherrscht, es nicht verschmäht, im Menschen Gestalt zu gewinnen. Er entbindet in seiner Heilslehre den Menschen, aus sich selbst heraus die Kraft aufzubringen, allein auf dem Wege meditativen Sich-Verlierens oder ethnischer Vervollkommnung die Gefangenschaft des Menschen und seine Entfremdung durch die Mächte dieser Welt zu überwinden. Der Mensch seinerseits steht vor der Aufgabe in der Integration aller in ihm wirkenden Kräfte (Geburtshoroskop) den Weg „nach oben“ zu gehen. Und indem er zu höchsten Höhe der himmlischen Hierarchie emporsteigt, zugleich zu sich selbst findet – inmitten seiner Natur in einem Prozess, auf dem die durch Planeten und Elemente symbolisierten Kräfte in ihm Integration erfahren. Dies mit dem Hinblick auf die Einladung der Frohen Botschaft von der Liebe Gottes, die Angst entlang des Weges durch Vertrauen zu überwinden.

Das ist es, was die Menschen bereits lange vor den letzten Hochkulturen vor 5000 Jahren erkannt haben. Dieses Wissen wurde durch die Manifestation Jesu gewiss – wer es als solches im Glauben zu erfassen mag  - und fand Eingang in jenen philosophisch theologischen Schulen, auf welchen die Religionen unserer Zeit basieren. Und gibt es auch kulturell bedingt Anschauungsabweichungen im göttlichen Verständnis und seiner Manifestation, sowie daraus resultierende Moralvorstellungen und Bräuche, so teilen bei genauer Betrachtung im Fundament alle dieselben uralthergebrachten Weisheiten der Wechselbeziehung von Gott (Jesu-Christus), Universum und Mensch.

Abschließend nochmals: In den Sternen bzw. Planetenkonstellationen stehen Richtungen, nicht Zwänge. Allerdings verwirklicht sich Freiheit gerade im Ergreifen angelegter Möglichkeiten und nicht im Trotze wider sie. Auf den Spuren Jesu wandeln heißt nichts anderes als den Gehorsam lernen auf dem Weg „nach innen“, der gerade dadurch auch zum Weg „nach oben“ wird. Wenn Astrologie dazu hilft, diesen Weg deutlicher zu sehen, dann ist sie auch christlich verantwortbar.